Energiemangel im Sport – RED-S und seine Folgen (Teil 1)

Energiemangel im Sport – RED-S und seine Folgen (Teil 1)

Höher, schneller, weiter. Egal ob Profisportler oder Hobbysportler – heutzutage geht es vielerorts um Selbstoptimierung, darum die maximale Leistungsgrenze auszuschöpfen und top durchtrainiert auszusehen. Das Zusammenspiel und die Wechselwirkungen von Training und Ernährung sind allgemein bekannt. Dennoch wissen viele Sportler und Trainer nicht, welche Folgen es haben kann, wenn die Ernährung nicht adäquat auf den Trainingsumfang angepasst wird.

Was passiert, wenn die Energiezufuhr den benötigen Energiebedarf langfristig nicht mehr decken kann?

Es entsteht ein Energiemangel, der den Körper aus dem Gleichgewicht bringt und gravierende Folgen haben kann. Alle Welt spricht inzwischen über bestimmte Lebensmittel und ihre leistungsfördernden Inhaltsstoffe. Doch bevor man sich mit diesem Fine Tuning beschäftigt, sollte vor allem eins stimmen: die grundsätzliche Energiezufuhr. Bevor wir uns also damit beschäftigen, WAS wir essen, ist das Wichtigste, überhaupt GENUG zu essen!

Wie ein Energiemangel entsteht

Ausgangspunkt ist die sogenannte Energieverfügbarkeit. Die Energieverfügbarkeit beschreibt die Energiemenge, die dem Körper nach Abzug des Trainingsumsatzes für lebensnotwendige Prozesse zur Verfügung steht.⁠ Wenn die Energieaufnahme über einen längeren Zeitraum den Gesamtenergieverbrauch nicht deckt, dann kann es zum sogenannten Relativen Energiedefizit-Syndrom (RED-S) kommen.⁠⁠

Das Syndrom beschreibt einen Zustand, bei dem die Energiezufuhr den Energiebedarf nicht mehr deckt. Infolgedessen geraten die physiologischen und psychologischen Funktionen des Körpers aus dem Gleichgewicht. Kurz gesagt: RED-S ist ein Energiemangel-Syndrom.

Möglichkeiten durch die es laut Experten zu einem Energiemangel kommen kann (2):

  • Absichtlich, etwa durch die bewusste Einschränkung der Nahrungsaufnahme
  • Durch ein gestörtes Essverhalten oder eine klinische Essstörung
  • Unabsichtlich, etwa durch Unwissenheit darüber, wie viele Kalorien der Körper bei einem erhöhten Trainingspensum benötigt

Die Folgen eines Energiemangels im Sport

Eine anhaltende zu geringe Energieverfügbarkeit kann die Gesundheit und Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigen und unter anderem zu kardiovaskulären, endokrinen, reproduktiven und muskuloskelettalen Erkrankungen führen. Die Ursache dafür liegt in einem veränderten Hormonhaushalt.

Besonders bei Frauen macht sich ein Energiemangel bemerkbar. So kann es zu Menstruationsstörungen oder dem völligen Ausbleiben der Periode kommen. Bei Männern kann es zu einer verringerten Testosteronproduktion kommen. Durch die hormonellen Veränderungen bei Männern und Frauen kommt es zu einer verringerten Knochenmineraldichte und in Folge dessen steigt auch das Risiko für Ermüdungsbrüche und Osteoporose stark an. Aber nicht nur physiologische Funktionen sind beeinträchtig, auch Auswirkungen auf die Psyche, wie z.B. Depressionen, konnten festgestellt werden (3). Weitere Folgen kannst du der untenstehenden Grafik entnehmen.

Energiemangel im Sport und seine Folgen

Alarmzeichen für RED-S

RED-S zu erkennen ist gar nicht so einfach. Denn die Symptome können vielfältig sein. Bei Frauen ist das Erkennen etwas einfacher als bei Männern. Das Ausbleiben der Periode ist ein klares Indiz dafür, dass etwas nicht stimmt. Dem Körper steht nicht ausreichend Energie zur Verfügung, um alle Prozesse aufrechtzuerhalten. Deshalb spart er an Funktionen, die nicht lebensnotwendig sind, wie z.B. die Menstruation.

Weitere Symptome, die auf RED-S hinweisen können:

  • Ermüdungsfrakturen
  • Vorzeitige Ermüdung
  • Häufige Verletzungen
  • Erhöhte Infektanfälligkeit
  • Magen-Darm-Probleme
  • Erhöhte Reizbarkeit
  • Häufige muskuläre Probleme

Sportler die zwei oder mehrere der Symptome bemerken, sollten ihre Energiezufuhr überdenken und sich ggf. professionelle Beratung holen (1).

Welche Energiezufuhr sollte angestrebt werden?

Eine gute Energieverfügbarkeit ist wichtig, um negative Auswirkungen auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu vermeiden. Als Energieverfügbarkeit bezeichnet man die Energiemenge, die nach Abzug des Trainingsumsatzes dem Körper pro Kilogramm fettfreier Masse (kgFFM) für lebensnotwendige Körperfunktionen zur Verfügung steht.

Als Richtwert für eine optimale Energieverfügbarkeit gelten 45 kcal/kg pro fettfreier Masse (FFM) pro Tag.

Unterschreitet die Zufuhr einen Wert von 30 kcal/kg pro FFM lassen sich zahlreiche physiologische Einschränkungen und Störungen verschiedener Körpersysteme beobachten. Daher gelten 30kcal/kg pro FFM als kritische Schwelle (4).

Fazit: Wie kann man einen Energiemangel als Sportler vorbeugen?

  1. Versorge deinen Körper ausreichend mit Energie, um langfristig gesund und leistungsfähig zu sein. 
  2. Wenn du zwei oder mehr Symptome, die auf RED-S hindeuten (s. oben) an dir bemerkst, solltest du deine Energiezufuhr überdenken oder dich professionell beraten lassen.
  3. Für Frauen: Wenn deine Periode ausbleibt, ist das ein klares Indiz dafür, dass etwas nicht stimmt.

Im 2. Teil erfährst du:

  • Warum RED-S häufig lange unerkannt bleibt
  • Welche Therapie notwendig ist
  • Welche Präventionsmaßnahmen im Sport inkludiert werden sollten, um RED-S frühzeitig zu erkennen bzw. zu vermeiden.

Stay tuned!

LITERATUR

(1) Ackerman, K. E., Holtzman, B., Cooper, K. M., Flynn, E. F., Bruinvels, G., Tenforde, A. S., Popp, K. L., Simpkin, A. J., & Parziale, A. L. (2019). Low energy availability surrogates correlate with health and performance consequences of Relative Energy Deficiency in Sport. British Journal of Sports Medicine, 53(10), 628–633. https://doi.org/10.1136/bjsports-2017-098958

(2) Keay, N., & Francis, G. (2019). Infographic. Energy availability: Concept, control and consequences in relative energy deficiency in sport (RED-S). British Journal of Sports Medicine, 53(20), 1310–1311. https://doi.org/10.1136/bjsports-2019-100611

(3) Logue, D. M., Madigan, S. M., Melin, A., Delahunt, E., Heinen, M., Donnell, S.-J. M., & Corish, C. A. (2020). Low Energy Availability in Athletes 2020: An Updated Narrative Review of Prevalence, Risk, Within-Day Energy Balance, Knowledge, and Impact on Sports Performance. Nutrients, 12(3). https://doi.org/10.3390/nu12030835

(4) Mountjoy, M., Sundgot-Borgen, J. K., Burke, L. M., Ackerman, K. E., Blauwet, C., Constantini, N., Lebrun, C., Lundy, B., Melin, A. K., Meyer, N. L., Sherman, R. T., Tenforde, A. S., Klungland Torstveit, M., & Budgett, R. (2018). IOC consensus statement on relative energy deficiency in sport (RED-S): 2018 update. British Journal of Sports Medicine, 52(11), 687–697. https://doi.org/10.1136/bjsports-2018-099193


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