Blutzucker im Sport

Blutzuckerregulation im Sport

Blutzucker, Überzucker, Unterzucker, Traubenzucker, Glukose, Diabetes, Insulin & Cortisol. All diese Begriffe hast du sicher schonmal gehört, aber was genau hat es damit auf sich, wie hängt das alles zusammen und vor allem, welche Bedeutung hat es für dich als Sportler?

WAS IST ÜBERHAUPT BLUTZUCKER?

Während wir Kohlenhydrate (Zuckerformen) in allen möglichen Erscheinungsformen zu uns nehmen, gibt es für unsere Zellen nur eine einzige verwertbare Form, den Traubenzucker bzw. die Glukose. Diese wird durchs Blut in die Zellen transportiert und dort zu Adenosintriphosphat (ATP) umgewandelt, welches den Zellen dann endgültig als Energieträger zur Verfügung steht. Im Gegensatz dazu gibt es noch das Glykogen, die „Speicherform“ des Zuckers, welche sich hauptsächlich in Leber & Muskulatur befindet und bei Bedarf als Glukose in den Blutkreislauf eingespeist wird. Blutzucker ist also nichts anderes als der Anteil der Glukose im Blut.

WOZU BRAUCHEN WIR BLUTZUCKER UND WIE WIRD ER REGULIERT?

Wie bereits erwähnt, ist die Glukose unser zentrale Energieträger und somit wichtig für unsere körperliche sowie mentale Leistungsfähigkeit (1, 11). Und nahezu alles, was wir zu uns nehmen, hat einen Einfluss auf den Blutzucker, direkt oder indirekt. Bei der Verdauung werden die in der Nahrung enthaltenen Kohlenhydrate in ihre Bestandteile – allen voran Glukose – zerlegt und ins Blut abgegeben, weshalb kohlenhydratreiche Lebensmittel im Vergleich zu Fett und Protein logischerweise den größten Effekt auf den Blutzucker haben. Um die aufgenommenen Glukosemoleküle in die Zellen zu transportieren, schüttet die Bauchspeicheldrüse das Hormon Insulin aus, welches an entsprechende Insulinrezeptoren andockt und so dafür sorgt, dass die Glukose aus dem Blut in die Zellen gelangt. Als anaboles (aufbauendes) Hormon sorgt es aber auch dafür, dass überschüssiger Zucker als Glykogen in Leber & Muskulatur und als Triglyceride im Fettgewebe gespeichert wird. Insulin sorgt also dafür, dass der Blutzuckerspiegel nach der Nahrungsaufnahme wieder absinkt, und dabei gilt grundsätzlich: Je schneller und höher der Blutzuckeranstieg, desto schneller und tiefer der darauffolgende Abstieg, womit wir gleich beim Thema Unterzucker wären. Wenn der Blutzucker unter eine gewisse Schwelle (ca. 70 mg/dl) abfällt, kommt es zur sogenannten Hypoglykämie und wir fühlen uns schwach. Weiche Beine, Zittern, Schwindel und Schwitzen sind mögliche Symptome, die wir ganz besonders beim Sport sicher nicht gebrauchen können (13). Selbstverständlich hat der Körper aber auch hierfür eine Lösung parat und sorgt durch eine hormonelle Gegenreaktion dafür, dass gespeichertes Leberglykogen als Glukose ins Blut freigesetzt wird und der Blutzucker sich wieder stabilisiert. Neben unserem Haupt-Stresshormon Cortisol sorgen auch Glukagon, Adrenalin & Noradrenalin sowie Somatotropin über ihre jeweiligen Wirkmechanismen für einen unterschiedlich schnellen und starken Anstieg des Blutzuckers.

💭💡Dass es nur ein blutzuckersenkendes, jedoch gleich fünf -steigernde Hormone gibt, könnte evolutionär gesehen daran liegen, dass ein akuter Unterzucker deutlich gefährlicher ist als ein kurzzeitiger Überzucker. Was denkst du dazu? Lass' uns gerne einen Kommentar da.

Doch bis es so weit ist können im Wettkampf bereits entscheidende Minuten verloren gegangen sein. Deshalb ist, neben den langfristigen negativen Effekten solcher „Blutzuckerachterbahnen“ auf Entzündungslevel und Insulinsensitivität, ein stabiler Blutzucker ohne extreme Höhen und Tiefen entscheidend für die Leistungsfähigkeit im Sport. Zusätzlich spielt hier auch der Hunger eine Rolle, denn niedrige Glukosespiegel im Blut können über die Ausschüttung des „Hungerhormons“ Ghrelin regelrechte Heißhungerattacken auslösen, die sicher jeder schonmal erlebt hat. Gerade wenn du also z.B. ein bestimmtes Kalorienziel verfolgst, können Blutzuckerschwankungen dir das Leben schwer machen, da sie einen erheblichen Einfluss auf deinen Appetit haben (13).

ABER WAS GENAU IST DENN NUN EIN STABILER BLUTZUCKERSPIEGEL?

Blutzuckerregulation im Sport

Wie du anhand der Grafik erkennen kannst, verläuft der Blutzucker über den Tag nie konstant und gradlinig, sondern bildet immer einen eher wellenförmigen Verlauf. Entscheidend ist dabei, dass aus den Wellen keine Flutwellen oder gar Tsunamis werden, denn sowohl sehr hohe als auch sehr niedrige Konzentrationen machen dich träge und unkonzentriert. Balance ist hier das Stichwort, und je besser du deinen Blutzucker balancierst, desto besser ist das für deine kognitive Leistung, Stimmung & Wohlbefinden, dein Stress- & Energielevel und auch deinen Schlaf (11). Als Zielbereich sind 70-140 mg/dl eine gute Orientierung.

UND WOHER WEIß ICH, WIE HOCH MEIN BLUTZUCKER IST?

Den konkreten Wert im Blut zu ermitteln, erfordert kleine Blutabnahmen aus der Fingerkuppe oder aus dem Ohrläppchen und ein entsprechendes Analysegerät. Man müsste also alle paar Minuten eine Probe entnehmen und diese analysieren, um so den Blutzuckerverlauf nachbilden zu können, was in der Praxis keine Option ist. Eine praxistauglichere Alternative versprechen die von Diabetikern bekannten CGM (Continous Glucose Monitoring) - Sensoren zu sein, welche je nach Modell etwa 2 Wochen lang am Körper getragen werden und automatisch alle paar Minuten einen Wert ans gekoppelte Smartphone oder Lesegerät senden. Dieser Wert entspricht jedoch nicht der Glukose im Blut, sondern wird in der Gewebeflüssigkeit im Zellzwischenraum gemessen, was wiederum einige zu beachtende Limitationen mit sich bringt. Da sich diese Sensoren immer größerer Beliebtheit erfreuen, gleichzeitig aber auch noch viele Unklarheiten bestehen, werden wir hier nicht näher darauf eingehen und der Thematik stattdessen einen eigenen Artikel widmen, in dem wir euch ausführlich über die Möglichkeiten und Einschränkungen dieser Technologie aufklären wollen. Doch auch ohne konkrete Zahlen zu haben, lässt sich durch die richtige Anwendung des folgenden Wissens ein stabiler Blutzuckerspiegel sehr gut erreichen.

WIE BEEINFLUSST DIE ERNÄHRUNG MEINEN BLUTZUCKER?

MAKRONÄHRSTOFFE
Von allen drei Makronährstoffen haben die Kohlenhydrate den größten Einfluss auf den Blutzuckerspiegel, jedoch kommt es hierbei auf die Art der Kohlenhydrate an. Grundsätzlich lassen sich mit ballaststoffreichen Lebensmitteln wie Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten sowie Obst & Gemüse ungewollt starke Blutzuckerschwankungen am besten vermeiden, da sie langsamer verdaut und somit die Blutzucker- und Insulinantwort über einen längeren Zeitraum gestreckt werden. Bei kurzkettigen Kohlenhydraten wie Gebäck, Weißbrot, Saft, Desserts & Süßigkeiten ist die Gefahr deutlich größer, dass es zu einem rapiden Anstieg und anschließend zu einem entsprechend tiefen Fall des Blutzuckers kommt. Aus diesem Grund ist es auch so wichtig, auf das richtige Timing vor einer sportlichen Belastung zu achten. Es kann zum Beispiel sein, dass wenn du 45 Minuten vor deiner Einheit noch einmal Zucker zuführst, du zum Zeitpunkt des Belastungsstarts gerade einen sehr hohen Insulinspiegel hast, was dann in Kombination mit den blutzuckersenkenden Effekten der Belastung zu einer sogenannten „reaktiven Hypoglykämie“ führt:

Blutzucker Hypoglykämie

Dieses Phänomen ist jedoch sehr individuell und du solltest dich dabei nicht auf irgendwelche Zahlen, wie die hier genannten 45 Minuten, verlassen (6). Stattdessen kannst du durch einfaches Ausprobieren herausfinden, ob du 1. anfällig für eine solche Unterzuckerung bist und 2. was und wann in diesem Fall für dich am besten funktioniert. Solltest du beim Ausprobieren keine Symptome eines Unterzuckers feststellen, so kannst du dich an einem Zeitfenster von ca. 30-90 Minuten vor der Belastung für deinen PRE-Snack orientieren (9). Dieser enthält im Optimalfall neben Kohlenhydraten einen kleinen Anteil Protein und möglichst wenig Fett, um deinen Magen vor und während dem Sport nicht zu überlasten. Womit wir auch gleich schon beim nächsten wichtigen Punkt für ein gutes Blutzuckermanagement sind, der Kombination von Kohlenhydraten mit Protein und Fett. Richtig eingesetzt können dir beide Nährstoffe dabei helfen, die Blutzuckerreaktion an deine Bedürfnisse anzupassen.

Proteine enthalten zwar keine Kohlenhydrate, haben aber einen stabilisierenden Effekt auf den Blutzuckerspiegel (3). Dies ist im Übrigen auch einer der Gründe, weshalb Proteine stärker sättigen als Kohlenhydrate und Fette, denn durch die Stabilisierung des Blutzuckers sinkt die Gefahr einer reversen Hypoglykämie und der Blutzuckerspiegel wird länger konstant über der „Hungergrenze“ gehalten, bevor er weiter absinkt und wir hungrig werden.

Fett hingegen hat keinen oder nur einen sehr geringen direkten Effekt auf den Glukosegehalt im Blut, sorgt aber durch eine Verlangsamung der Verdauung indirekt dafür, dass auch die anderen im Magen befindlichen Nährstoffe, also Kohlenhydrate und Proteine, langsamer verdaut und in den Blutkreislauf eingespeist werden.

SÜßUNGSMITTEL
Süßungsmittel lassen sich in zwei wesentliche Kategorien unterteilen, Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe. Bei künstlich hergestellten Süßstoffen wie Aspartam, Sucralose usw. wird oft damit geworben, dass sie keinen Effekt auf den Blutzuckerspiegel haben. Das ist jedoch wie so oft etwas zu kurz gedacht. Zwar erhöhen Süßstoffe den Blutzucker nicht direkt, da sie keine Kohlenhydrate enthalten, Verdauung beginnt aber nicht im Magen, sondern bereits davor. Der süße Geschmack im Mund sendet ein Signal ans Gehirn, dass der Körper Zucker verstoffwechseln muss, wodurch Insulin ausgeschüttet wird. Da nun aber kein „echter Zucker“ im Verdauungstrakt ankommt, führt dies zu einem Absinken des Blutzuckers und infolgedessen zu einem gesteigerten Appetit. Dieser Effekt ist auch als Heißhunger bekannt und Studien belegen, dass so teilweise sogar mehr Energie aufgenommen wird (13). Darüber hinaus gibt es – wie im Übrigen bei Zucker auch (10) – Hinweise auf einen negativen Effekt von Süßstoffen auf das Mikrobiom im Darm, welcher wiederum mit Insulinresistenz und damit der Entstehung von Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes Typ 2 in Verbindung gebracht wird. Süßstoffe haben also gleich durch mehrere Faktoren einen indirekten Effekt auf das Blutzuckermanagement und sollten daher getreu dem Motto „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ verzehrt werden (2, 4, 5, 7, 8, 12).

Zuckeraustauschstoffe wie Erythrit, Xylit, Isomalt usw. kommen echtem Zucker schon deutlich näher und werden als Kohlenhydrate kategorisiert, benötigen jedoch zur Verstoffwechselung kein Insulin und haben daher ebenfalls keinen oder nur einen sehr geringen direkten Einfluss auf den Blutzuckerspiegel. Wie bei den Süßstoffen tritt jedoch auch hier eine Täuschung des Gehirns durch den süßen Geschmack ein, was eine Insulinausschüttung zur Folge hat und somit den Blutzuckerspiegel indirekt beeinflusst. Bei übermäßigem Verzehr können sie zudem Verdauungsbeschwerden hervorrufen, weshalb auch die zuckerähnlichen Verbindungen nur in Maßen genossen werden sollten.

Wie du siehst gibt es eine Vielzahl an Faktoren zu berücksichtigen, welche den Blutzuckerspiegel beeinflussen. Um dir deinen Sportleralltag etwas zu erleichtern, haben wir 5 Ernährungstipps für dich zusammengestellt, mit denen du deinen Blutzucker positiv beinflussen kannst:

  1. Wähle komplexe Kohlenhydrate: Ballaststoffreiche Lebensmittel rufen eine geringere Blutzuckerreaktion hervor.
  2. Kombiniere kohlenhydratreiche Lebensmittel mit Protein und etwas Fett: So kommt es zu einer verbesserten Blutzuckerantwort. Iss beispielsweise zuerst einen kleinen Salat, welcher reich an Ballaststoffen und Proteinen mit einem Olivenöl-Dressing ist. Geh erst danach zu einem kohlenhydratreichen Gericht wie z. B. Pasta über.
  3. Sei smart mit Süßigkeiten: Ein moderater Umgang ist der Schlüssel, was Süßigkeiten angeht. Außerdem ist es besser, diese nicht isoliert zwischendurch zu essen, sondern direkt im Anschluss an eine Mahlzeit. Dann ist nämlich der Blutzuckerspiegel schon erhöht.
  4. Mache gezielte Essenspausen: Kontinuierliches Snacken führt zu dauerhaft erhöhten Insulinwerten, was sich langfristig negativ auf deine Insulinsensitivität auswirken kann.
  5. Bewege dich unmittelbar nach dem Essen: Bewegung verbessert die Blutzuckerregulation.

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LITERATUR

  1. Baker, L. B., Rollo, I., Stein, K. W., & Jeukendrup, A. E. (2015). Acute Effects of Carbohydrate Supplementation on Intermittent Sports Performance. Nutrients, 7(7), 5733–5763. doi:10.3390/nu7075249.
  2. BfR (2014). Bewertung von Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen: Hintergrundinformation Nr. 025/2014 des BfR. https://www.bfr.bund.de/cm/343/bewertung_von_suessstoffen.pdf Letzter Zugriff: 16.10.2023.
  3. Conn, J. W., & Newburgh, L. H. (1936). THE GLYCEMIC RESPONSE TO ISOGLUCOGENIC QUANTITIES OF PROTEIN AND CARBOHYDRATE. Journal of Clinical Investigation, 15(6), 665–671. doi:10.1172/jci100818
  4. Ruiz-Ojeda, F. J., Plaza-Díaz J., Sáez-Lara, M.J. & Gil, A. (2019). Effects of sweeteners on the gut microbiota: a review of experimental studies and clinical trials. Adv Nutr 10: S31–S48.
  5. Hollstein, T. (2018). Zuckerersatz und insulinresistenz: Süßstoffe als Stoffwechselrisiko. Deutsches Arzteblatt International, 115, A2294-A2293.
  6. Jeukendrup, A. E., & Killer, S. C. (2010). The myths surrounding pre-exercise carbohydrate feeding. Annals of nutrition & metabolism, 57 Suppl 2, 18–25. doi:10.1159/000322698.
  7. Lewis, K., & Tzilivakis, J. (2021). Review and synthesis of data on the potential environmental impact of artificial sweeteners. EFSA Supporting Publications, 18(10). doi:10.2903/sp.efsa.2021.EN-6918.
  8. Moll, D. (2019). Süßstoff Sucralose: BfR warnt vor Backwaren und Konserven. DAZ.online.
  9. Rothschild, J. A., Kilding, A. E., & Plews, D. J. (2020). What Should I Eat before Exercise? Pre-Exercise Nutrition and the Response to Endurance Exercise: Current Prospective and Future Directions. Nutrients, 12(11), 3473. doi:10.3390/nu12113473.
  10. Satokari, R. (2020). High Intake of Sugar and the Balance between Pro- and Anti-Inflammatory Gut Bacteria. Nutrients, 12(5), 1348. doi:10.3390/nu12051348.
  11. Scholey, A. B., Laing, S., & Kennedy, D. O. (2006). Blood glucose changes and memory: effects of manipulating emotionality and mental effort. Biological Psychology, 71(1), 12–19. doi:10.1016/j.biopsycho.2005.02.003.
  12. SGE (2021). Merkblatt_Zuckerarten-und-zugesetzter_Zucker-2021. https://www.sge-ssn.ch/media/Merkblatt_Zuckerarten-und-zugesetzter_Zucker-2021.pdf. Letzter Zugriff: 16.10.2023.
  13. Wyatt, P., Berry, S. E., Finlayson, G., O'Driscoll, R., Hadjigeorgiou, G., Drew, D. A., et al. (2021). Postprandial glycaemic dips predict appetite and energy intake in healthy individuals. Nature Metabolism, 3(4), 523–529. doi:10.1038/s42255-021-00383-x.

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